Meine Mails gehören mir! Bye bye Big Tech (Teil 1): Alternativen zu Gmail & Co.
Viele von uns nutzen den einfachsten Weg um ihre Daten zu sichern: Google Photos, Google Drive oder die iCloud von Apple. Die Anbieter bieten viel Komfort, eine simple Einrichtung und das Rundum-Sorglos-Paket. Oder? Nicht ganz. Ökosystem-Zwang, Analyse der Inhalte für personalisierte Werbung und die Tatsache, sensible Daten bei Anbietern in einem Land zu speichern, dessen Politik aktuell viele Menschen sorgenvoll über den großen Teich blicken lässt. Aber geht es auch anders? Ja! Auch in Europa gibt es Alternativen: Mit Fokus auf Datenschutz und Kontrolle. Ein Selbstversuch.
Serie: Bye bye Big Tech!
Teil 1: Meine Mails gehören mir! Alternativen zu Gmail & Co.
Inhalt
Meine Motivation
Ich versuche Big Tech aus den USA in meinem Leben zu minimieren. Ich möchte weniger abhängig von riesigen Playern sein, die im Zweifel Entscheidungen treffen, mit denen ich nicht einverstanden bin. In den USA erleben wir aktuell im Zeitraffer, wie die Politik das Land in eine neue Richtung drängt. Auch große Firmen wie Google und Apple mischen mal mehr, mal weniger mit. Die Anbieter, die durch ihre Nutzerzahl nicht nur in den USA sondern weltweit einen enormen Einfluss ausüben.
Ganz klar: Auch der Datenschutz in China ist mehr als fraglich. Dort bin ich aber persönlich nicht vom Ökosystem abgängig. Aber auch hier lohnt der Blick zu den europäischen Alternativen.
Ich stelle mir folgende Fragen:
- Wie sicher sind meine Daten? Ich nutze aktuell die iCloud von Apple und sichere neben Fotos auch meine komplette digitale Ablage online. Kontoauszüge, Rechnungen, Dokumente. Wie sehr kann ich dem Anbieter vertrauen, diese Daten nicht auszulesen und ein konkretes Profil über mich zu erstellen?
- Was passiert, wenn der Hersteller aufgrund eines politischen Konfliktes beispielsweise dazu gezwungen wird, Daten einzufrieren, zu analysieren oder noch schlimmer: Zu löschen?
- Welche Alternativen aus Europa gibt es?
Ich will hier keine Weltuntergangsszenarien heraufbeschwören, aber letztendlich sind wir alle allein dafür verantwortlich, wie wir mit unseren Daten umgehen und was wir mit wem teilen wollen. Daher habe ich mich dazu entschieden, Schritt für Schritt aus den Ökosystemen der Big Player auszubrechen und mir Alternativen zu suchen. Und die gibt es! Aber: Hier muss man teilweise auf Komfort verzichten, gewinnt aber Datenschutz und Kontrolle.
Exit aus Gmail & iCloud-Mail – Welche Alternativen gibt es?
Starten wir mit alternativen Mailanbietern, die ihren Fokus auf Datenschutz und Verschlüsselung legen. Das ist nämlich nicht gerade die Kernkompetenz anderer großer Anbieter, wie beispielsweise Gmail. Gmail ist Teil des Google-Ökosystems, dessen Geschäftsmodell auf der Auswertung und Monetarisierung von Nutzerdaten basiert. E-Mails, Metadaten und Nutzerverhalten werden analysiert, um personalisierte Werbung zu schalten oder andere Google-Dienste zu optimieren.
Auch Apple bietet mit iCloud-Mail eine eigene Mail-Instanz an. Der Hersteller betont, dass er viel Wert auf Datenschutz legt und eure Mailinhalte nicht auswertet. Die Mails sind aber nicht Ende-zu-Ende verschlüsselt. In diesem Fall müsst ihr Apple dann also einfach vertrauen, dass sie nicht auf eure Inhalte zugreifen. Da weder iCloud noch Gmail quelloffen sind, kann leider nicht überprüft werden, welche Daten die Hersteller wirklich nutzen.
Wenn ihr eure Mails lieber nicht auf US-Servern lagern wollt, gibt es auch in Europa einige Alternativen, die vor allem Wert auf den Datenschutz legen.
Anbieter | Land | Fokus | Verschlüsselung | Zusätzliche Funktionen | Preis |
---|---|---|---|---|---|
Posteo | Deutschland | Datenschutz, Nachhaltigkeit | TLS/SSL für Transport, optionale Inhaltsverschlüsselung | Kalender, Kontakte, optionaler Speichererweiterung, E-Mail-Aiasse (2 inklusive) | Ab 1€ pro Monat |
mailbox.org | Deutschland | Datenschutz, Sicherheit | TLS/SSL für Transport, PGP möglich | Cloud-Speicher, Kalender, Kontakte, Office-Suite, E-Mail-Aiasse (3 inklusive) | Ab 1€ pro Monat |
ProtonMail | Schweiz | Ende-zu-Ende-Verschlüsselung | Standardmäßig Ende-zu-Ende verschlüsselt | Kalender, Kontakte (in kostenpflichtigen Plänen) | Kostenlos, Premium ab 3,99€ pro Monat |
Tuta | Deutschland | Ende-zu-Ende-Verschlüsselung | Standardmäßig Ende-zu-Ende verschlüsselt | Kalender, Kontakte | Kostenlos, Premium ab 3,60€ pro Monat |
StartMail | Niederlande | Datenschutz, Anonymität | TLS/SSL für Transport, PGP möglich | unbegrenzte E-Mail-Aliasse | Ab 4,99€ pro Monat |
Infomaniak | Schweiz | Unabhängigkeit, Breite | TLS/SSL für Transport | Cloud-Speicher, Kalender, Kontakte, Webhosting | Kostenlos, Premium ab 1,90€ im Monat |
Klar: Hier ist leider nicht immer alles kostenlos. Dafür bezahlt ihr aber auch nicht mit euren Daten. Ich habe mich für einen Umzug zu Posteo entschieden. Und das ist meine ganz persönliche Meinung und für mich die beste Wahl nach meiner Recherche. Für diesen Artikel besteht keine Kooperation mit dem Mailanbieter. Wenn die anderen Optionen euch mehr zusagen: Go for it!
Posteo ist ein datenschutzfreundlicher E-Mail-Anbieter aus Deutschland, der ohne Werbung und ohne Nutzertracking auskommt. Zur Anmeldung sind keine persönlichen Daten nötig, und alle Inhalte wie E-Mails, Kontakte und Kalender können verschlüsselt gespeichert werden. Der Dienst kostet 1 € pro Monat (verschmerzbar) und wird ausschließlich mit Ökostrom betrieben. Posteo unterstützt offene Standards wie IMAP, CalDAV und CardDAV und lässt sich mit vielen Geräten und Programmen nutzen. Wer Wert auf Datenschutz, Transparenz und Unabhängigkeit legt, findet in Posteo eine klare Alternative zu den datenhungrigen Konzernangeboten.
Der Umzug zu Posteo
Simple Registrierung
Die Registrierung bei Posteo funktioniert schnell und einfach. Sucht euch eure gewünschte Mailadresse aus, erstellt ein Passwort und dann kann es auch schon losgehen. Im nächsten Schritt müsst ihr Guthaben auf euer Konto laden. Bezahlt werden kann entwerder per Überweisung, per PayPal, per Kreditkarte oder sogar mit Bargeld per Brief. Posteo versichert, dass alle Aufladungen anonymisiert werden. Sprich: Selbst die Aufladung per PayPal wird nicht mit eurem Konto verknüpft.

Dann kann es auch schon losgehen. Das Webinterface ist zweckmäßig, strotzt aber nicht gerade mit modernen Designelementen. Ich rate hier zu alternativen Clients auf dem Desktop, Tablet oder Smartphone. Aber dazu später mehr.
Tipps für mehr Sicherheit
Bevor ihr richtig loslegt empfehle ich noch ein paar Einstellungen vorzunehmen.
- Aktiviert die Zwei-Faktor-Authentifizierung, damit ihr eine zusätzliche Sicherheitsbarriere für den Zugriff auf euer Konto habt. (Einstellungen -> Passwort und Sicherheit)
- Aktiviert die „Passwort vergessen“-Funktion. Sehr nützlich falls ihr euer Passwort mal verlegt haben solltet. (Einstellungen -> Passwort und Sicherheit)
- Kalender und Kontakte aktivieren. Hier könnt ihr Daten direkt in Posteo importieren und findet auch eure Kalender-URL, um sie in andere Apps einzubinden (Einstellungen -> Kalender)
- Verschlüsselung aktivieren: Bei Bedarf könnt ihr hier einstellen, dass euer gesamtes Postfach verschlüsselt wird (Einstellungen -> Verschlüsselung)
- E-Mail-Aliasse einrichten: Zwei Alias-Adressen sind im Paket mit dabei. Ich nutze sie vor allem für Newsletter und Accounts bei Unternehmen. Falls mal Spam kommt, überschwemmt dieser nicht die Hauptadresse. Praktisch. (Einstellungen -> E-Mail-Aliase)
Alternativer Client für Android/iOS oder Desktop
Wer nicht über die Weboberfläche von Posteo auf seine Mails zugreifen möchte, kann sich nach Clients für die jeweiligen Geräte umschauen. Für den Desktop-PC und Android-Geräte gibt es hier sehr gute Alternativen zu den Standardapps der Big Player. Bei Apple ist die Situation schon eingeschränkter. Aktuell gibt es keine vollwertigen, Open-Source-Mailclients für iOS, die eine echte Alternative zu Apple Mail in Bezug auf Funktionsumfang und Integration darstellen würden.
Plattform | Client | Vorteile | Herkunft |
---|---|---|---|
Desktop (Windows, macOS, Linux), Android | Mozilla Thunderbird Website | Google Play | Open Source, PGP, IMAP/SMTP, CalDAV/CardDAV | USA, wird aber teils in Europa entwickelt |
Desktop (macOS) | Apple Mail Vorinstalliert | Stabil, unterstützt IMAP, CalDAV und CardDAV, nicht Open-Source | USA |
Android | FairEmail Google Play | F-Droid | Open Source, sehr datenschutzfreundlich, PGP, IMAP/SMTP | Niederlande |
iOS (iPhone/iPad) | Apple Mail Vorinstalliert | Systemintegriert, zuverlässig, unterstützt IMAP, CalDAV, CardDAV, nicht Open-Source | USA |
Synchronisation von Kontakten und Kalendern | |||
Android | DAVx⁵ Google Play | F-Droid | Synchronisation via CalDAV/CardDAV, kein Mail-Client, Empfehlung: Download über F-Droid kostenlos | Österreich |
Thunderbird und FairEMail sind in meine engere Wahl gekommen. FairEMail überzeugt vor allem durch extremen Datenschutz: Die App ist Open-Source und erhebt keinerlei Nutzerdaten. Dafür muss man hier etwas auf Komfort verzichten. Thunderbird kommt von Mozilla und ist ebenfalls Open-Source, erhebt aber in der Grundeinstellung zumindest allgemeine Telemetriedaten (nur in der Desktop-Version). Das lässt sich aber abschalten. Dafür hat die Oberfläche ein besseres Design. Auch Kontakte und Kalender lassen sich hier verwalten. Das geht bei FairEmail nicht. Ich habe mich für Thunderbird von Mozilla entschieden. Im Alltagstest funktioniert alles gut.
Was ist Mozilla?
Mozilla ist eine gemeinnützige Organisation, die für den Firefox-Browser bekannt ist und sich für den Schutz der Privatsphäre und ein offenes Internet einsetzt.
Trotz der US-Herkunft von Mozilla ist Thunderbird dank Open Source und Transparenz empfehlenswert. Der Quellcode ist öffentlich, wodurch Nutzer sicher sein können, dass keine unerwünschte Datensammlung stattfindet. Zudem lässt sich Telemetrie ausschalten, und es werden keine Werbung oder Tracking genutzt.
Der Umzug zu Posteo hat für mich reibungslos funktioniert. Jetzt geht aber die eigentliche Arbeit erst los. Die Mailadressen bei meinen überall verstreuten Accounts ändern sich schließlich nicht von alleine. Hier muss man ein bisschen Zeit mitbringen. Schnappt euch eine Kanne Kakao, macht euch Musik an und klappert nach und nach eure Accounts ab. Das ist zwar nervig – aber es lohnt sich. Ich habe jetzt ein besseres Gefühl. Auch wenn ich nicht beschwören kann inwiefern meine Mails bisher von Apple und Google gescannt wurden: Jetzt werden sie es auf jeden Fall nicht mehr. Die Ungewissheit, was dieses Thema angeht, ist vorbei. Und doch stehen wir erst ganz am Anfang.
Die Reise geht weiter
Ich möchte euch mit auf meine Reise nehmen. Ganz subjektiv, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aber dafür mit meinen Erfahrungen. Dafür starten wir diese Artikel-Serie. Ich will rausfinden: Welche Alternativen gibt es zu Chrome und Gmail? In welcher europäischen Cloud lagere ich meine Fotos und Daten? Welche Passwort-Manager, Notizen-Apps und Messenger sind gute Alternativen und bieten Sicherheit? Wie fühlt es sich an, ein komplett entgoogeltes Smartphone zu nutzen?
In den nächsten Wochen erscheint regelmäßig ein Artikel aus dieser Reihe – und ihr seid eingeladen, mitzukommen. Welche Bereiche interessieren euch besonders? Welche Tools, Tipps oder Erfahrungen könnt ihr beitragen? Ich grabe mich gerade frisch in diesen Prozess ein und habe sicherlich nicht alles auf dem Schirm. Was habe ich noch übersehen? Lasst uns gemeinsam herausfinden, welche digitalen Wege abseits von Google & Co. wirklich funktionieren. Seid dabei – und macht mit bei der Suche nach mehr Freiheit für unsere Daten!
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