Hands-On

JusPrin von Obico: Orca Slicer meets ChatGPT – Kinderleichter 3D-Druck mit KI statt Slicer!

Ja, Bambu Lab & Co haben einen Aspekt des 3D-Druckens – das Slicen (also das waagerechte „In-Scheiben-Schneiden“ von Druckmodellen mit anschließender Ausgabe als G-Code) – einfacher gemacht. Trotzdem sollte man Slicer-Grundkenntnisse haben, um Temperatur, Support & Co. einzustellen, wenn das Bauteil bestimmte Anforderungen hat oder es eben keine vordefinierten Profile gibt. Und da sind Einsteiger schnell überfragt. Wäre es da nicht cool, wenn eine KI die Slicing-Einstellungen dann einfach übernimmt? Genau das will die von den Obico-Machern frisch veröffentlichte Open-Source Software „JusPrin“ mit generativer KI ermöglichen. Wir haben sie ausprobiert.

JusPrin Aufmacher

Das Problem: Slicing als Hürde und Zeitfresser

3D-Druck-Freunde kennen das alle: Ist 20% Infill stabil genug, oder brauchen wir mehr? Mehr Wände oder dickere Wände für mehr Festigkeit? PLA auf 200°C oder doch lieber 210°C für bessere Haftung? Und wie schnell sollte ich überhaupt maximal drucken? Solche Fragen erfordern oft Erfahrung oder langes Herumprobieren. Während generative KI in Bereichen wie Bildererstellung oder Texterstellung bereits für Furore sorgt, ist der 3D-Druck-Workflow beim Thema Slicing bisher erstaunlich manuell geblieben. Das wollen die Macher von Obico ändern. Obico? Wer ist das überhaupt?

Anycubic Slicer Next Basketball Game Druckzeit
1001 Einstellungen im Slicer (hier: der Orca-Slicer-Klon „Anycubic Slicer Next“)

Obico: Die Macher des „Spaghetti Detective“

Bevor wir uns „JusPrin“ anschauen, werfen wir einen Blick auf „Obico“, das Unternehmen hinter JusPrin. Lange, bevor Bambu Lab eine KI-Drucküberwachung anbot, hatte Gründer Kenneth Jiang, „The Spaghetti Detective“ entwickelt: eines der ersten und bekanntesten KI-Tools speziell für die 3D-Druck-Community. Die Hauptfunktion von The Spaghetti Detective (und jetzt Obico) ist die intelligente Fehlererkennung während des Drucks. Mithilfe einer Kamera und KI analysiert die Software den laufenden Druckvorgang und kann typische Fehldrucke wie „Spaghetti-Monster“ (daher der Name), abgelöste Teile oder Warping erkennen. Im Fehlerfall kann Obico den Druck automatisch pausieren oder den Nutzer benachrichtigen. Obico bietet zudem Fernzugriff und -steuerung für 3D-Drucker – allerdings kostenpflichtig. Ich persönlich kenne das Projekt, da ich es damals in der Betaphase erfolgreich genutzt habe.

Bambu Lab X1 Spaghetti
Spaghetti nur noch auf dem Teller

JusPrin: KI-Butler für die Druckvorbereitung

Jetzt aber zu JusPrin: Die Idee ist simpel, aber potenziell bahnbrechend: „No slicing. Just print.“ JusPrin nutzt Generative AI, um die optimalen Slicing-Parameter für euren Druckjob automatisch zu ermitteln. Statt euch durch Menüs und Einstellungen zu kämpfen, könnt ihr der KI einfach mitteilen, was ihr braucht – ähnlich wie in einem Chat mit ChatGPT. Ihr möchtet ein besonders stabiles Teil? Sagt es JusPrin, und die KI versucht, die passenden Einstellungen im Hintergrund für euch zu finden.

jusprin meme

Das Ziel ist es, das Rätselraten aus dem Prozess zu nehmen, was besonders für Einsteiger im 3D-Druck eine enorme Erleichterung sein dürfte. Aber auch erfahrene Nutzer könnten profitieren, indem der Workflow beschleunigt und weniger Hirnschmalz in perfekte Slicing-Einstellungen fließen muss. So bleibt mehr Zeit für das eigentliche „Machen“. Ganz ohne Slicer kommt die KI aber nicht aus. Obico setzt auf einen Orca-Slicer-Klon und verknüpft ihn mit einem KI-Chatbot. Und trotzdem: One-Click-Printing rückt damit in greifbare Nähe.

JusPrin ChatBot  Introduction

Noch Beta, aber ihr könnt mitmischen!

Der Entwickler von JusPrin gibt zu, dass die KI ihn schon mehrfach mit Einstellungsvorschlägen überrascht hat, auf die er selbst nie gekommen wäre, und die oft zu guter Druckqualität oder weniger Problemen führen. Aber er betont auch ehrlich: JusPrin ist noch in der Beta-Phase und damit (noch) kein magischer Alleskönner. Manchmal liegen die Einstellungen daneben, und gelegentlich kann die Software auch mal abstürzen – typisch Beta eben.

JusPrin Logo

Und genau hier kommt ihr ins Spiel: JusPrin sucht aktuell Beta-Tester! Euer Feedback ist entscheidend, um die Software zu verbessern. Wenn ihr also Lust habt, hier mitzuwirken und keine Angst vor kleinen Kinderkrankheiten habt, könnt ihr euch für den Beta-Test hier melden.

Hands-On: Der erste Versuch mit JusPrin

Die Installation der Software auf meinen Windows-Dienstlaptop funktioniert ohne Probleme – auch wenn ich zuerst ein blaues Warn-Fenster bekomme, das ich mit „Trotzdem ausführen“ quittieren muss. Gestartet wird daraufhin ein Orca-Klon mit dem Hinweis, dass eine Registrierung bei Obico notwendig sei um Missbrauch zu verhindern. Kurz also anmelden und schon bin ich etwas überrascht, weil bis auf die UI-Farbe Violett alles genauso wie beim Orca-Slicer aussieht. Es handelt sich also um einen Klon. Erst auf den zweiten Blick fällt mir das kleine unscheinbare Chat-Fenster mit dem KI-Chatbot unterhalb der Druckplatte im „Vorbereiten“-Tab auf. Ich chatte kurz mit ihm und erfahre, dass es sich um eine spezialisierte Instanz von ChatGPT handelt.

JusPrin Orca Klon

Erst einmal muss ich aber noch einen Drucker einrichten. Wie das im Orca-Slicer geht, erfährt man im „Geräte“-Tab. Ich wähle den gerade im Test befindlichen ELEGOO OrangeStorm Giga – einen Riesen-Drucker mit 80 x 80 x 100 cm Bauraum. Dort soll ich für ein Theaterprojekt eine Attrappe eines Gänsebratens drucken. Gefunden habe ich stattdessen ein Brathähnchen.

JusPrin ChatBot1

Ich packe also die entsprechende STL-Datei wie sonst auch üblich in den JusPrin Slicer. Der KI-Chatbot, der auch Deutsch versteht, erkennt das und ich frage ihn nach einer Orientierung des Bauteils im Raum mit möglichst wenig Stützstruktur. Löblich: Die KI schlägt Stützstruktur, Brim, Druck- und Lüftergeschwindigkeit selbstständig vor und ändert das für mich auch direkt in den Slicingeinstellungen. Bei der Lagebestimmung nutzt die KI aber einfach nur die automatische Ausrichtungsfunktion des Orca-Slicers. Das funktioniert bei einfachen Geometrien gut, hier nicht wirklich.

JusPrin ChatBot2

Genauso wenig funktioniert das Hochskalieren des Brathähnchens/Gänsebratens auf 40cm Höhe nicht automatisch, ebenso wenig wie die Anwendung einer adaptiven Layerhöhe. Ich merke schnell: Dieses Bauteil drucke ich doch lieber mit von mir manuell vorgenommenen Einstellungen.

JusPrin ChatBot3

Also suche ich mir ein Bauteil, das einfacher für die KI zu bewerkstelligen ist. Für ein anderes Projekt brauche ich noch stabile Bauteile aus PETG. Und genau hier spielt die KI-Integration ihre Stärken aus. Auf meine simple Anfrage nach möglichst stabilen Bauteilen mit konzentrischer Oberfläche liefert JusPrin mir direkt 0,16mm Schichthöhe und auch einen Brim für die vorhandenen Kleinteile.

JusPrin ChatBot  Printing PETG Parts

Ich frage, welches Infillmuster für größtmögliche Stabilität ich wählen sollte. Vorgeschlagen werden mir Gyroid und Cubic. Ich entscheide mich für Gyroid und schon slicst JusPrin für mich.

JusPrin ChatBot  Printing PETG Parts sliced

Wünschen würde ich mir noch für die Online-Druckauftragsübermittlung die Integration von CrealityPrint und ELEGOOLink. Das Druckergebnis auf dem Creality K2 Plus sieht jedenfalls top aus, ich bin wirklich zufrieden.

PETG Bauteile Druck e1748425423534
KI macht’s möglich: Gutes Ergebnis mit ein wenig Stringing und manchmal zu sichtbarer Z-Naht.

Fazit: Ein potenzieller Game-Changer?

Mal ehrlich, das klingt doch erstmal verdammt spannend, oder? Die Idee, die Komplexität des Slicens durch eine intelligente KI zu ersetzen, hat enormes Potenzial. Wenn man bedenkt, wie erfolgreich Obico (The Spaghetti Detective) mit seiner KI-basierten Fehlererkennung ist, darf man hier durchaus hoffnungsvoll sein. Das Hands-On zeigt bereits, dass nicht allzu anspruchsvolle Modelle gut mit JusPrin handhabbar sind. Auch wenn es noch ein weiter Weg bis zu einem perfekten „No slicing. Just print.“-Erlebnis sein mag, ist JusPrin deshalb ein vielversprechender Ansatz, der die Art und Weise, wie wir 3D-drucken, grundlegend verändern könnte. Ich bin gespannt, wie sich das Projekt entwickelt! Jetzt zu euch: Wer testet das Tool und teilt hier in den Kommentaren entsprechende Erfahrungen?

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Thommy

Wenn ich nicht gerade mit Familie und Freunden unterwegs bin, findet man mich im Bastelkeller. Dort tüftele ich zwischen Multiplex Easystar-Klonen, Impeller-Jets, RC-Crawlern und insbesondere meinem geliebten Anycubic Mega S, dem möglichst bald noch weitere 3D-Drucker folgen sollen.

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Kommentare (6)

  • Profilbild von Ulf
    # 28.05.25 um 19:23

    Ulf

    Grundsätzlich ja ein nützliches Tool. Dachte das damals auch als Bambu mit dieser Evolution voranschritt. Das große Problem das mittlerweile immer offensichtlicher wird sind die DAU's . Ein richtiges Phänomen das einen aber auch nicht überraschen sollte, vorallem in einem Land wo, als Beispiel mittlerweile Nachrichten in einfacher Sprache benötigt werden oder die theoretische Führerscheinprüfung fast die Hälfte nicht mehr schafft. Ein großer Teil dieser User reagiert meistens sehr "salzig" auf gewisse Themen, vor allem wenn es ihr gekauftes Produkt betrifft oder sie erklären wollen wie toll ihr Gerät ist, obwohl sie maximal 2 oder 3 Drucker in Händen hattten. Sie haben kein Verständnis für andere DAU's oder eben auch erfahrene Nutzer, die zwar das selbe Model, aber damit ihre Probleme haben. Wie schon öfters erwähnt ist die Schwankungsbreite was die Qualität und Langlebigkeit bei Prusa und Bambulab angeht, erheblich höher als der anderen China Hersteller, ebenso die Out of the Box experience. Von 100 Druckern laufen bei Prusa und Bambu wohl um die 95+ ohne Probleme out of the box. Bei den anderen Herstellern schwankt diese Rate extrem, daher kommt es in diversen Foren immer wieder zu Eskalationen dieser "salzigen" DAU's , die kein Verständnis für andere User haben. Bestes Beispiel war Maggie von MakeOrama, die extrem viel Erfahrung in dem Bereich hat. Als sie Probleme mit einem der China Drucker hatte, ging es im Kommentarbereich los, das sie keine Ahnung hätte, oder zu dumm sei. Jemand der einen Voron aufgebaut hat, ein Wissen im Bereich 3D Druck abzuschlagen, halte ich für extrem mutig, um es mal vorsichtig zu formulieren. Die Community ist gewachsen und hat nun sehr viele neue Mitglieder in dem Bereich bekommen , nur fehlt hier eben manchmal das Fingerspitzengefühl. Sollte nur ein Hinweis darauf sein, dass wir höflicher und verständnisvoller miteinander umgehen, vor allem in so einem tollen Hobby ! Nur meine 5 Cent 😉

    • Profilbild von Ulf
      # 28.05.25 um 19:25

      Ulf

      Und nein, DAU soll keine Beleidigung sein, war selber mal einer 😉

    • Profilbild von matze
      # 29.05.25 um 06:34

      matze

      Und was hat das jetzt alles mit AI gestützten Slicern zu tun? 😅
      Was ich noch interessant fände, wen die AI nicht nur einfach Slicer Tuning machen würde, sondern auch an der Optimierung der Abläufe arbeiten würde. Aber vermutlich ist AI einfach vom Verständnis noch nicht so weit und die "klassischen Algorithmen" sind besser.

      • Profilbild von Meine Meinung
        # 29.05.25 um 08:06

        Meine Meinung

        Danke, genau das hatte ich mich eben auch gefragt!

      • Profilbild von wild_Berrie
        # 29.05.25 um 08:44

        wild_Berrie

        Es hat schon etwas damit zu tun.
        Da möchte ich mal einen Haken zum Modellbau schlagen. Ich bin seit 2005, also seit zwanzig Jahren aktiver Modellbauer, vor allem in der Luft. Ich habe noch Holzmodelle gebaut, Schwerpunkt und EWD ermittelt und auch Tri- und Quadcopter selbst gebaut.
        Als DJI dann mit ihrer GPS Unterstützung auf den Markt kamen, dachten tausende sie könnten fliegen wie die Profis. Später haben sie sich gewundert, als das Teil dann einfach mal weg war, wenn das GPS mal ausgefallen ist.
        Was ich damit sagen will, man muss sich bei komplexen Maschinen und Abläufen und anderen Faktoren zwangsläufig mit der Materie beschäftigen, das schafft keine KI. Spätestens bei den ersten Problemen durch das Material oder der Maschine sehen viele dann sehr alt aus.

        • Profilbild von Meine Meinung
          # 29.05.25 um 10:32

          Meine Meinung

          Das Auto hat sich in den letzten 100 Jahren auch ständig weiterentwickelt und mittlerweile sind die auch voller Technik und Elektronik. Deswegen muss ich aber noch lange nicht wissen wie man Zündkerzen oder gar Zylinderköpfe wechselt. Gleiches gilt für Handy oder PC. Es sind „Bediener“ einer Technik und die müssen die Technik zu nutzen wissen und nicht zwingend ein Nerd sein, der noch das letzte aus der Technik rausholt oder mit Tuning versucht ein neues und höheres Level zu erreichen.

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