Bye Bye Big Tech Teil 5: Smartphone ohne Google: Mein Umstieg auf /e/OS

Alle nutzen entweder Android oder iOS auf ihrem Smartphone – und damit sammeln Apple und Google fleißig Daten über uns. Das ist bequem, klar, aber auch hier gilt: Eure Daten landen bei US-Konzernen, deren Geschäftsmodell oft auf dem Sammeln und Auswerten von Nutzerinformationen basiert. Wer möchte schon, dass der gesamte digitale Fingerabdruck bei den Big Playern landet, die ganz anderen Regeln unterliegen? Also: Ein Smartphone-Betriebssystem ohne Google und Apple muss her. Kein Problem, oder?

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Meine Motivation

Ich versuche Big Tech aus den USA in meinem Leben zu minimieren. Ich möchte weniger abhängig von riesigen Playern sein, die im Zweifel Entscheidungen treffen, mit denen ich nicht einverstanden bin. In den USA erleben wir aktuell im Zeitraffer, wie die Politik das Land in eine neue Richtung drängt. Auch große Firmen wie Google und Apple mischen mal mehr, mal weniger mit. Die Anbieter, die durch ihre Nutzerzahl nicht nur in den USA sondern weltweit einen enormen Einfluss ausüben.

Ganz klar: Auch der Datenschutz in China ist mehr als fraglich. Dort bin ich aber persönlich nicht vom Ökosystem abgängig. Aber auch hier lohnt der Blick zu den europäischen Alternativen.

Ich stelle mir folgende Fragen:

  1. Wie sicher sind meine Daten? Ich nutze aktuell die iCloud von Apple und sichere neben Fotos auch meine komplette digitale Ablage online. Kontoauszüge, Rechnungen, Dokumente. Wie sehr kann ich dem Anbieter vertrauen, diese Daten nicht auszulesen und ein konkretes Profil über mich zu erstellen?
  2. Was passiert, wenn der Hersteller aufgrund eines politischen Konfliktes beispielsweise dazu gezwungen wird, Daten einzufrieren, zu analysieren oder noch schlimmer: Zu löschen?
  3. Welche Alternativen aus Europa gibt es? (Tipp von KaogramaN aus den Kommentaren: https://european-alternatives.eu)

europa knopf in tastatur

Ich will hier keine Weltuntergangsszenarien heraufbeschwören, aber letztendlich sind wir alle allein dafür verantwortlich, wie wir mit unseren Daten umgehen und was wir mit wem teilen wollen. Daher habe ich mich dazu entschieden, Schritt für Schritt aus den Ökosystemen der Big Player auszubrechen und mir Alternativen zu suchen. Und die gibt es! Aber: Hier muss man teilweise auf Komfort verzichten, gewinnt aber Datenschutz und Kontrolle.

Alternative Betriebssysteme für euer Smartphone: Warum überhaupt?

Smartphones sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken und laufen fast ausschließlich mit Googles Android oder Apples iOS. Beide Systeme sind zwar funktional und weit verbreitet, aber sie kommen mit einem erheblichen Preis: euren Daten. Google sammelt über Android Unmengen an Informationen über euer Nutzungsverhalten, euren Standort und eure Vorlieben – das ist Teil ihres Geschäftsmodells.

Bei Apple ist das Versprechen von Privatsphäre höher, doch auch hier ist das System geschlossen, und die Kontrolle über die Daten bleibt letztlich beim Konzern. Wer die digitale Souveränität zurückgewinnen und die Datensammelwut umgehen möchte, für den sind alternative Betriebssysteme eine spannende Option. Sie basieren oft auf Open-Source-Ansätzen und eliminieren meist die Tracking-Dienste der großen Tech-Giganten.

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Bild von iXimus auf Pixabay

Diese Systeme bieten eine neue Ebene der Kontrolle und Transparenz, da sie darauf ausgelegt sind, so wenige Daten wie möglich zu sammeln. Sie sind ideal für alle, die ein hohes Maß an Datenschutz anstreben aber auch bereit dafür sind, hier und da einen gewissen Komfortverlust in Kauf zu nehmen.

Name des SystemsVorteileNachteile
/e/OSDatenschutzfokus, Google-frei, eigene Cloud (Murena), viele Standard-Apps vorinstalliert, einsteigerfreundlichKompatibilitätsprobleme mit einigen Apps (z.B. Banking), eingeschränkte Push-Dienste, nicht alle Geräte unterstützt
GrapheneOSMaximaler Fokus auf Sicherheit & Datenschutz, kleine AngriffsflächeWeniger benutzerfreundlich, kein Root-Zugriff, nur auf Pixel-Geräten nutzbar, Fokus auf Sicherheit, nicht auf Google-Freiheit
LineageOSGroße Geräteunterstützung, Open Source, flexible Anpassung, aktiv entwickeltNicht von Haus aus Google-frei (muss manuell entfernt werden), weniger starker Datenschutzfokus als andere
CalyxOSDatenschutzfreundlich, Google-frei, Fokus auf Sicherheit & Usability, automatische UpdatesPrimär auf Pixel-Geräten, kleinere Geräteauswahl, nicht vollständig Open Source
iodéOSDatenschutz-Fokus, integrierter Werbe- und Trackerblocker, europäischer AnbieterKleinere Geräteauswahl, weniger Community-Support als LineageOS

/e/os: Mein Umzug zum europäischen Betriebssystem

Was ist /e/os und wer steckt dahinter?

Meine Entscheidung fiel auf  /e/OS. Warum? Es ist ein Google-freies Betriebssystem, das auf Android basiert und eine klare Linie für den Datenschutz verfolgt. Die /e/ Foundation, eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Frankreich, steckt hinter dem Projekt. Sie bieten ein Ökosystem, das nicht nur das Betriebssystem umfasst, sondern auch eine eigene Cloud-Lösung (Murena.io) und entgoogelte Versionen beliebter Apps.

Das Ziel ist es, die Bequemlichkeit eines modernen Smartphones zu bieten, ohne die Nutzerdaten an die großen Konzerne zu liefern. Gerade weil ich bisher die Komplettlösung von iCloud und auch Google Workspace genutzt habe, klingt das für mich nach einer guten Allround-Lösung. Außerdem kommt das Produkt aus Europa.

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/e/os ist ein Google-freies Betriebssystem, das auf Android basiert

/e/OS nimmt das Android Open Source Project (AOSP) als Basis und entfernt alle Google-Dienste und Tracker. Stattdessen werden alternative, datenschutzfreundliche Dienste integriert. Die Benutzeroberfläche ist schlicht und aufgeräumt, und viele bekannte Android-Apps laufen auch unter /e/OS, wenn sie nicht zwingend auf Google Play Services angewiesen sind.

Schritt 1: /e/os auf eurem Smartphone installieren

Die Installation eines alternativen Betriebssystems ist definitiv kein Spaziergang – und das obwohl ich mich als technisch nicht komplett unversiert beschreiben würde. /e/OS bietet zwar einen „Easy Installer“ an, der euch Schritt für Schritt durch den Prozess leiten soll, aber in meinem Fall hat dieser leider nicht funktioniert. Ich musste letztendlich doch manuell über die Konsole ran.

Das war ein ganz schönes Gefrickel und erforderte Geduld und einige Stunden Recherche. Wer sich technisch sicher fühlt, kann es versuchen, aber es ist definitiv eine Herausforderung und nichts für absolute Laien. Denkt daran, dass dabei alle Daten auf eurem Smartphone gelöscht werden! Ein vorheriges Backup ist hier Pflicht.

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/e/os bietet einen Web-Installer an, der euch Schritt für Schritt durch die Installation leitet

Zuerst schaut ihr, ob euer Smartphone mit /e/os kompatibel ist. In meinem Fall habe ich mich für das CMF Phone 1 entschieden. Jetzt könnt ihr entweder den „Easy Installer“ nutzen, oder direkt über die Konsole eures Computers arbeiten. Der „Easy Installer“ hat bei mir leider nicht funktioniert. Bei der Installation gab es immer wieder einen Fehler und das Smartphone hat sich in einer Bootschlaufe aufgehangen. Also doch den Weg über die Konsole. Die /e/-Foundation bietet hier aber gute Anleitungen für die kompatiblen Geräte. Und keine Angst: Das bekommt man mit ein wenig Geduld hin.

Schritt 2: Murena-Account erstellen und Daten importieren

Ein zentraler Bestandteil des /e/OS-Ökosystems ist der Murena-Account. Dieser ist nicht zwingend notwendig, aber extrem praktisch, da er euch eine eigene, datenschutzfreundliche Cloud-Lösung bietet die auf Nextcloud basiert. Diese Cloud-Lösung haben wir uns bereits im letzten Artikel angeschaut. Mit einem Murena-Konto erhaltet ihr:

  • Eine eigene E-Mail-Adresse (@murena.io)
  • Cloud-Speicher (ähnlich Google Drive, 1 GB kostenlos, danach ab 1,99€/Monat für 20 GB bis 24,99€/Monat für 2 TB)
  • Kalender- und Kontaktsynchronisation
  • Office-Apps direkt in der Cloud
  • Einen App Store, der ebenfalls über die Cloud läuft
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Mit dem Murena Workspace bietet /e/os seine eigene Cloud-Lösung mit Office-Apps

Der Import eurer Daten in die Murena Cloud funktioniert ähnlich wie bei Nextcloud. Ihr könnt eure Kontakte, Kalender und Dateien aus euren alten Google- oder Apple-Diensten exportieren und dann in die Murena Cloud importieren. Die genauen Anleitungen findet ihr hier: Mein Umzug in eine alternative Cloud. Die Murena Cloud nutzt ebenfalls offene Standards wie CalDAV und CardDAV, was den Import von Kalendern und Kontakten erleichtern sollte.

Schritt 3: Die Web-Oberfläche der Murena-Cloud

Die Web-Oberfläche der Murena Cloud ist das Herzstück eures digitalen Lebensraums abseits von Google. Sie ist übersichtlich gestaltet und bietet direkten Zugriff auf alle integrierten Dienste: E-Mails, den Cloud-Speicher, Kalender, Kontakte und die integrierten Office-Anwendungen. Ihr könnt hier eure Dateien verwalten, Termine eintragen und Adressbücher pflegen – alles in einer Umgebung, die euren Datenschutz respektiert. Das Design ist funktional und erinnert an bekannte Cloud-Interfaces, sodass die Einarbeitung leichtfällt.

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In der Murena Cloud könnt ihr auf verschiedene Apps zurückgreifen

In der Murena Cloud könnt ihr auf verschiedene Apps zurückgreifen. Besonders praktisch ist die nahtlose Integration mit eurem /e/OS-Smartphone. Sobald ihr den Murena-Account auf dem Smartphone eingerichtet habt, synchronisieren sich Kalender, Kontakte und Dateien automatisch. So habt ihr eure wichtigen Daten immer dabei, ohne dass sie über die Server von Google oder Apple laufen.

Schritt 4: /e/os richtig einstellen

Nach der Installation von /e/OS und der Einrichtung eures Murena-Accounts ist es Zeit für die Feinjustierung. /e/OS bietet eine Reihe von Datenschutzeinstellungen, die ihr anpassen solltet. Dazu gehört die Kontrolle über App-Berechtigungen, Standortdienste und die Telemetrie-Einstellungen. Die Einstellungen für die Privatsphäre könnt ihr auf dem Homescreen schnell mit einem Wisch nach rechts aufrufen. So könnt ihr ganz einfach App-Tracker blockieren, den Standort vortäuschen oder eure IP-Adresse verstecken. 

Ein wichtiger Aspekt unter /e/OS ist die App Lounge. Dies ist der alternative App Store, der Apps aus verschiedenen Quellen (Google Play Store, F-Droid, PWA) sammelt und euch direkt anzeigt, welche Tracker eine App enthält. So könnt ihr bewusste Entscheidungen treffen. Ihr könnt hier fast alle Apps finden, die ihr auch von Android kennt – mit der Einschränkung, dass Apps, die stark auf Google Play Services angewiesen sind, möglicherweise nicht funktionieren oder nur eingeschränkt laufen. Daher ganz wichtig: Checkt vorab ob eine für euch wichtige App auch funktioniert! Ich hatte keinerlei Probleme, auch bei meiner Banking-App nicht. 

Die Oberfläche von /e/OS ist angenehm schlicht und erinnert an ein „sauberes“ Android. Es gibt keine vorinstallierten Google-Apps und der Fokus liegt klar auf Funktionalität ohne Schnickschnack. Das ist erfrischend und trägt zum Gefühl der Kontrolle bei. Die aktuelle Version läuft noch auf Basis von Android 14. Ein wenig Komfort geht hier leider flöten. Apps können auf dem Homescreen nicht verschoben werden. Optische Spielereien wie bei NothingOS sucht man hier auch vergeblich. Aber: Das System tut, was es soll. In meinem Fall aber leider nicht immer ganz flüssig. 

Welche Fallstricke gibt es unter /e/os?

Ein Leben ohne Google auf dem Smartphone klingt verlockend, aber es gibt – wie erwartet – auch einige Fallstricke. Der größte Punkt ist die Kompatibilität von Apps.

  • Karten-Apps: Google Maps funktioniert ohne Google-Dienste nicht. Zwar gibt es alternative Karten-Apps wie Magic Earth oder Organic Maps, die auf OpenStreetMap basieren und gut funktionieren, aber die gewohnte Tiefe und Integration von Google Maps (z.B. detaillierte ÖPNV-Infos in Echtzeit) fehlt oft. In meinem Fall hatte die integrierte Karten-App leider oft Probleme Routen zu berechnen. Auch wenn Start- und Zielpunkt teilweise nur einige Kilometer auseinanderlagen bekam ich oft die Fehlermeldung: „Stecke zu lang.“ Das sollte nicht passieren. 
  • Banking-Apps: Viele Banking-Apps sind stark an die Google Play Services gebunden und funktionieren unter /e/OS gar nicht oder nur eingeschränkt. Hier kann man dann aber oft auch auf die Webversion der Bank zugreifen. 
  • Push-Benachrichtigungen: Viele Apps nutzen Googles Firebase Cloud Messaging (FCM) für Push-Benachrichtigungen. Ohne Google-Dienste kommen diese oft nicht oder nur verzögert an. /e/OS versucht zwar, dies über MicroG (eine quelloffene Reimplementierung der Google Play Services) zu lösen, aber es ist keine 100%ige Garantie. Zumindest berichten davon einige Nutzer. Ich selbst hatte keinerlei Probleme.
  • Geräteauswahl: Nicht jedes Smartphone ist für /e/OS geeignet. Ihr seid auf die von der /e/ Foundation unterstützten Geräte angewiesen.

Wie zufrieden bin ich mit /e/os?

Das Leben ohne Google ist definitiv eine Umstellung. Man muss sich bewusst machen, dass der Komfort der integrierten Google-Dienste, den man jahrelang gewohnt war, wegfällt. Das bedeutet Suchen nach Alternativen für jede App und Funktion, die man braucht, und gelegentliches Ausprobieren. Die anfängliche Euphorie kann schnell der Frustration weichen, wenn die Lieblings-App nicht läuft oder eine Benachrichtigung nicht ankommt.

Ich gebe zu: Der Umstieg auf ein komplett Google-freies Smartphone war bisher die größte Herausforderung auf meiner „Bye bye Big Tech“-Reise. Die Installation war ein echtes Gefrickel. Die Synchronisierung mit den Murena-Diensten funktioniert gut, aber man muss bereit sein, auf bestimmte Komfortfunktionen zu verzichten oder Workarounds zu finden.

Trotzdem: Die Gewissheit, dass meine Daten nicht mehr bei Google oder Apple landen und ich die volle Kontrolle über mein Smartphone habe, ist das wert. Es ist ein Gefühl von digitaler Freiheit, das man mit einem Standard-Android- oder iOS-Gerät kaum bekommt. /e/OS ist nicht perfekt und die „eierlegende Wollmilchsau“ bekommen wir auch hier nicht geboten. Aber es ist ein sehr guter Schritt in die richtige Richtung für alle, die aus dem Google- oder Apple-Ökosystem ausbrechen wollen. Man muss sich bewusst sein, dass man sich auf einen Weg begibt, der etwas technisches Verständnis und Geduld erfordert. Wenn man aber erstmal alles zum Laufen gebracht hat, funktioniert es auch.

Wer sich den Installationsprozess sparen möchte, kann aber bei Murena auch direkt Smartphones kaufen, die /e/os schon vorinstalliert haben. Hier muss man aber auch dann leider etwas tiefer in die Tasche greifen.

Die Reise geht weiter

Nachdem wir uns Mails, Browser, Messenger, Cloud und das Smartphone selbst vorgenommen haben, steht der nächste große Schritt an: Social-Media-Freiheit von großen Techkonzernen.

Wie wir ohne Instagram, X (ehemals Twitter) und Facebook in Kontakt bleiben und unsere Inhalte teilen können, ohne dafür unsere Daten zu opfern? Im nächsten Teil unserer Serie stellen wir euch das Fediverse vor – ein dezentrales Netzwerk, das spannende Alternativen zu den Platzhirschen bietet.

europa karte auf smartphone

Ihr seid eingeladen, mitzukommen. Welche Bereiche interessieren euch besonders? Welche Tools, Tipps oder Erfahrungen könnt ihr beitragen? Ich grabe mich gerade frisch in diesen Prozess ein und habe sicherlich nicht alles auf dem Schirm. Was habe ich noch übersehen? Lasst uns gemeinsam herausfinden, welche digitalen Wege abseits von Google & Co. wirklich funktionieren. Seid dabei – und macht mit bei der Suche nach mehr Freiheit für unsere Daten!

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Fred

Ganz schön smart: Alles was mit Uhren und Handys zu tun hat, fällt in mein Revier. Und Gadgets natürlich. Gadgets gehen immer!

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